Städtisch-bürgerliches Leben

Zitate entnommen: Doris Edler, Vergessene Bilder. S. 136 ff.

"...Motive, die das städtisch-bürgerliche Leben behandeln [sind] auffallende unterrepräsentiert. Dieses Ungleichgewicht zwischen städtischen und ländlichen Motiven ... entspricht den tatsächlichen Interessenschwerpunkten der Genremalerei...

Die Gründe für das weitgehende Desinteresse gegenüber modernen Themen waren oft sehr äußerlicher Art ...Das bürgerliche Leben, das von Verhaltensnormen wie der Selbstbeherrschung, der disziplinierten Kontrolle der Gefühlsregungen und der anerzogenen Graziosität und Feinheit der Bewegungen gekennzeichnet war, bot einem solchen Interesse an unverfälschtem emotionalen Ausdruck nur wenig reizvolle Motive.

Auch die bürgerliche Kleidung erschien den Zeitgenossen als wenig malerisch...

Bei Otto Piltz sind dagegen durchaus eine größere Anzahl von Bildern aus dem städtischen Leben zu finden.

Begegnungen und Konfrontation

Begegnungen zwischen Bauern und Bürgern sind von den Malern oft als ein Zusammentreffen zweier Welten dargestellt worden.

...[Sie] zeigen de Bauern scheu und unbeholfen im Umgang mit den feinen und gebildeten Herrschaften aus der Stadt. Das selbstbewusste Auftreten der Städter, die sich in Kleidung und äußerlichem Benehmen so deutlich von ihnen unterscheiden, scheint sie zu verunsichern. Dagegen fühlen sie sich unter ihresgleichen sicher aufgehoben. Ähnlich deplaziert findet man den feinen Bürger in einem derben bäuerlichen Milieu, so dass das zufällige Zusammentreffen von Bauern und Bürgern mal für die eine, mal für die andere Seite zum unangenehmen Erlebnis wird...

Im Konflikt mit dem Gesetz

...Im Zentrum des Interesses steht ... die Person, die nun, nachdem sie im Verborgenen etwas Verwerfliches getan hat, öffentlich dafür zur Rechenschaft gezogen wird. Vor den moralischen Blicken der Öffentlichkeit werden der Täter und auch seine angehörigen zum Schauobjekt und zur Zielscheibe von Demütigungen. Oft sind viele Personen wiedergegeben, welche als Augenzeugen der Vorgänge die unterschiedlichsten Gefühlsregungen zeigen. Gleichermaßen werden auf diese Weise die Gefühle des ebenfalls moralisch urteilenden, aber auch des neugierigen oder teilnahmsvollen Betrachters angesprochen. Am häufigsten dargestellt finden sich Motive wie die Verhaftung von Straftätern, Gerichtsszenen, die insbesondere die Verurteilung oder den Freispruch zeigen und die Verbüßung der Strafe (Arrest)...

Die "feine Familie"

Familienmotive aus der Umgebung des reichen Bürgertums sind relativ selten. Wenn man aber auf vereinzelte Beispiele stößt, unterscheiden sich die Motive kaum von den vergleichbaren Motiven des Bauerngenres. Den Grund dafür bildet die bereits erwähnte Projektion der bürgerlichen Familienvorstellungen auf die ländliche Familie. Die Differenz liegt lediglich im eleganteren Benehmen, dem Interieur der Räume und der modernen Kleidung . Eine Steigerung der Attraktivität derartiger Motive versuchte man häufiger durch den Griff ins Kostümgenre zu errechen..."

Bei Otto Piltz lassen sich keine Belege finden, die in diese Schemata passen würden. Aus dem städtischen Leben  Berlins sind die Kreuzberg-Bilder ,

 

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und aus München:

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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat Otto Piltz in Würzburg  im Julius Hospital eine Bildserie über die Pfründner geschaffen, die das Leben im Altenheim zum Thema haben. 

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